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Angeklagt der Hexerey

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Im Rahmen der Lustenauer Archivgespräche hielt Dr. Manfred Tschaikner einen Vortrag über Hexenverfolgung.

Lustenau. Anlässlich der 2. Lustenauer Archivgespräche konnten Geschichtsinteressierte sich über eines der dunkelsten Kapitel im Leben ihrer Vorfahren informieren lassen.Es ging am vergangenen Montagabend um Hexerey und die Gräueltaten während der Zeit der Hexenverfolgungen. Als absoluten Kenner der Materie hatte man Dr. Manfred Tschaikner vom Vorarlberger Landesarchiv gewinnen können, der mit fundiertem Wissen brillierte und seine Zuhörer auf eine informative Reise in die Frühe Neuzeit einlud. Als besonderes Highlight wurden von Oliver Heinzle die druckfrischen „Neujahrsblätter” präsentiert, die in keinem Lustenauer Bücherregal fehlen dürfen.

Hexenverfolgungen im Reichshof Lustenau

„Ab dem Spätmittelalter wurde der Glaube an die Magie und Zauberei immer mehr kriminalisiert, Theologie und Rechtsprechung entwickelten eine neue Art von Verbrechen: die Hexerei (ab ca. 1450)”, so Manfred Tschaikner. Im Reichshof Lustenau verhielt es sich nun so, dass die Obrigkeit ihre Eigenständigkeit in der Rechtsprechung behalten wollte. Hätte man sich, wie aller Orten üblich, mit Hexenprozessen befasst, hätte man eine stärkere Einmischung der Emser Grafen in die inneren Angelegenheiten des Reichshofs riskiert. Man bevorzugte es, Hexerei-Streitigkeiten in Lustenau intern zu lösen, wodurch letztlich vielen ein grausamer Tod erspart blieb. Das einzige bekannte Todesopfer der Lustenauer „Hexenverfolgungen” blieb Katharina Brunnerin aus Widnau, die im Jahre 1677 den Tod durch Verbrennen fand. Im Vergleich dazu gab es in Hohenems 17 Opfer, ganz zu schweigen von den vielen, vielen grausam Verfolgten, die etwa in den fränkischen Fürstbistümern Bamberg, Würzburg und Eichstätt dem Hexenwahn zum Opfer fielen. Dr. Tschaikner: „Lustenau ist in Sachen Hexenprozesse ein Sonderfall und ist eher vergleichbar mit dem schweizerischen Rheintal, wo man ähnlich zurückhaltend in der Angelegenheit vorging.”

Das Zeitalter der Hexerey

Das Landesarchiv verfügt über zahlreiche alte Schriften, die demjenigen, der sie entziffern kann, spannende Einblicke in frühere Zeiten ermöglichen. Dr. Manfred Tschaikner befindet sich in der glücklichen Lage, diese Schriften entziffern zu können: „Actum 3. Aprilis anno 1614, zaigt Petter Bösch selbsten ahn, daß Jacob Weißen Weib zu ihme gesagt, sein Weib Agtha Öhin sei ain Unholdt (Hexe) und selbige Wortt haben unwißendt der Obrigkhaitt vertragen Xander Scheffkhnecht, Hemerlin, Hainrichs Sohn und Petter Grabher, also daß kaintwedern ahn seinen Ehren nachthailig sein solle.” Hätten nicht weitsichtige Köpfe die alten Schriften von anno dazumal aufbewahrt und archiviert (seit 1898 im Landesarchiv), wäre es auch einem unermüdlichen Erforscher der Materie wie Manfred Tschaikner nicht möglich gewesen, die Hexenverfolgungen im ganzen Land und im benachbarten Ausland aufs Genaueste zu durchleuchten. Die vielen erhaltenen Schriften der ehemaligen Gerichte zeugen von zahlreichen traurigen Schicksalen. Sie geben Einblicke in die früheren Auffassungen von Recht und Gesetz und in eine Zeit, in der noch rechtmäßig Menschen der „Hexerey” beschuldigt wurden.


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