Der Film „alphabet – Angst oder Liebe” und die Publikumsgespräche mit dem Regisseur Erwin Wagenhofer stießen auf überaus großes Interesse.
Lustenau. Regelrecht gestürmt wurde die Kinothek am Abend des 15.Jänner, als knapp 300 Besucher den Film Alphabet sehen und die anschließende Gelegenheit nützen wollten, dem extra angereisten Regisseur Erwin Wagenhofer Fragen zu stellen und den Inhalt seiner Dokumentation zu diskutieren. Eine eigene Vorführung für Schüler am darauffolgenden Tag wurde ebenfalls gut angenommen.
Die Einladung an die Bevölkerung und an den Filmemacher erfolgte im Zuge eines Gesamtprogramms zur aktuellen Bildungsdiskussion von der Abteilung Bildung, Jugend und Zusammenleben der Gemeinde.
„Obwohl ich aufgrund der vielen Reservierungen schon mit großem Interesse gerechnet habe, bin ich vom Besucheransturm überwältigt”, sagte Olivia König, Jugendkoordinatorin im Rathaus. Für sie persönlich ist außerdem Arno Stern, einer der Protagonisten im Film, von besonderer Bedeutung. Sie vermittelt seine Ausbildungsseminare über die Organisation „Welt der Kinder”. „Die frühe Begegnung mit Arno Stern hat mein Weltbild verändert und mir das nötige Selbstbewusstsein gegeben, meinen eigenen Weg zu gehen”, so König.
Brisante Themen
Der österreichische Regisseur Erwin Wagenhofer (geb. 1961) beschäftigt sich in seinen Filmen mit aktuellen gesellschaftspolitischen Themen. „Alphabet” ist der abschließende Teil einer Trilogie, die mit dem Thema Ernährung begann (We feed the world, 2005) und mit einem Film über die Finanzkrise und ihre Ursachen fortgesetzt wurde (Let’s make Money, 2008). Im aktuellen Film Alphabet fokussiert Wagenhofer die Bildung, die aus seiner Sicht aufs Engste mit den bisher behandelten Themenbereichen verknüpft ist. „Wurden doch die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, die die gegenwärtigen Krisen mitausgelöst haben und ihnen bis heute kaum etwas entgegenzusetzen vermochten, an den besten Schulen und Universitäten ausgebildet”, so der Filmemacher.
Bürgermeister Kurt Fischer nahm ebenfalls an der Filmpräsentation teil, begrüßte im Anschluss Erwin Wagenhofer und die Besucher und fand anerkennende Worte für die Mitarbeiterin und Organisatorin der Veranstaltung, Olivia König.
Wagenhofer will Mut machen
Einige Besucher wollten eine Antwort zu aufgezeigten Problemen, andere interessierten sich für die Beweggründe des Filmemachers. „Das Drama der Gesellschaft ist, dass es keinen gemeinsamen Fokus gibt”, so Wagenhofer der frei nach Qualtinger zitierte: „Wir wissen zwar nicht, wohin wir gehen, dafür sind wir schneller dort”.
Alphabet sei der Filmtitel, weil wir eine neue Sprache und neue Begriffe brauchen: Anstelle von Erziehung soll Beziehung stehen und wenn von „feindlicher Übernahme” einer Firma die Rede sei, so stamme das Vokabular aus der Kriegsführung, resümierte Wagenhofer. Der Regisseur erklärte, dass Alphabet kein Film über Schule oder über Bildung sei, es gehe ihm um die Haltung, die dahinter steht und um die Modelle der Vermittlung. „Kinder werden mit ihren Talenten geboren und ihre Kreativität soll nicht durch Bevormundung und Leistungsdruck zerstört werden”, sagte er. Mit dem Film wolle er jedem Einzelnen Mut machen, unkonventionell zu denken, den ersten Schritt zu machen und daran zu glauben, dass die Lösung von Problemen wir selbst sind.
Tipp: Das Buch zum Film
alphabet – Angst oder Liebe
Schülerinnen der Handelsschule zum Film:
Pia Amann
Ich habe verstanden, was der Filmemacher vermitteln will und es ist gut, dass der Film zum Denken anregt. Andererseits frage ich mich, wie das gehen soll, aus seinem Umfeld total auszubrechen. Was die Schule und das Lernen betrifft, werde ich von meinen Eltern voll unterstützt. Sie nehmen Rücksicht und machen keinen zusätzlichen Druck. Ich möchte im Sozialbereich arbeiten.
Marina Sorger
Der Film ist gut und zeigt Probleme auf. Aber Schule heißt nun einmal Druck für die Schüler, aber auch für die Lehrer. Der Stoff und die Prüfungen müssen bewältigt werden nach dem Motto: „Friss oder stirb”. Als Beruf für mich stelle ich mir Immobilienmaklerin vor.
Deborah Blum
Der Film hat mir gefallen aber ich bin der Meinung, dass man als Einzelner nichts ändern kann, sondern gemeinsam nach guten Lösungen für die Zukunft suchen soll. Nach der Schule möchte ich eine Ausbildung im sozialen Bereich machen.
Merima Suceska
Ich finde den Film lehrreich. Er zeigt auf, was schief läuft aber man sieht auch gute Beispiele. Das Problem ist, dass sich viele Menschen alles gefallen lassen und sich nicht wehren können. Ich möchte nach der Schule im Büro oder auf der Bank arbeiten.